"Versteckt Eure Gummischläuche!"

Eine provokante Überschrift. Ich gebe es zu. Aber mir fiel kürzlich dieser Satz aus einem - nicht mehr existierenden - Diskussionsforum zum Thema Kompressionsstrümpfe wieder ein.
Es waren die heißen Tage um Ostern mit Temperaturen bis fast 30 Grad, die mir das wieder in Erinnerung brachten.
"Versteckt Eure Gummischläuche!" Geschrieben hatte dies, soweit ich mich erinnere, ein junger Mann, der - nach eigenem Bekunden - keine mit Kompressionsartikeln bestrumpften Beine sehen wollte. Schon damals hatte ich vehement widersprochen, denn ich trage seit nunmehr 31 Jahren Kompressionsstrümpfe, mehr als mein halbes Leben.
Es dauerte lange, bis ich die ersten Babyschritte wagte, meine Kompressionsstrümpfe und -strumpfhosen nicht mehr unter einer langen Hose zu verstecken. Die Initialzündung dazu erfolgte um das Jahr 2000 während eines Spanienurlaubs mit meiner Frau. Sie machte mich im Botanischen Garten "Mar i Murtra" von Blanes auf einen Mann in den Fünfzigern aufmerksam, der eine hautfarbene Kompressionsstrumpfhose zu einer sehr kurzen Shorts trug. Sogar der untere Rand des Hosenteils war deutlich zu sehen. Noch am selben Abend zog auch ich eine kurze Hose an. Wir promenierten nach dem Abendessen ein wenig im Ort auf und ab. Keiner merkte etwas im Schein der Straßenbeleuchtung. Selbst im Hotel und im Aufzug fiel keinem der anderen Gäste etwas auf.
Der nächste Morgen war schon schwieriger. Mit Strumpfhose und Shorts im Frühstücksraum. Ich hätte vor Aufregung fast meinen Orangensaft verschüttet. Auch hier zeigte niemand eine Reaktion bis auf eine junge Servicekraft. Die Frau trug selbst jeden Tag eine stärkere Stützstrumpfhose und so war ihr meine Beinkleidung nicht verborgen geblieben.
Von da an war es für mich selbstverständlich, meine Kompressionsstrumpfhosen mit Shorts zu tragen. Wieder daheim - in der gewohnten Umgebung - fiel mir dies schwerer. Doch auch dort hatte ich die Scheu nach kurzer Zeit überwunden, denn ich wollte um keinen Preis hinter das bisher Erreichte zurück.
Meine berufliche Tätigkeit ermöglichte das Tragen von Shorts und so war es von da an keine Frage mehr, bei Temperaturen ab spätestens 20 Grad die Kompressionsstrumpfhosen für alle sichtbar zu tragen.
Doch zurück zur Überschrift. Lasst Euch nicht von so einer dummen Äußerung wie "Versteckt Eure Gummischläuche!" beeinflussen. Wer so etwas nicht sehen will, kann gerne wegschauen.
Ich sehe mit Freuden, daß es inzwischen eine Menge Blogs - vor allem zum Thema Lipödem - gibt, in denen Frauen zum sichtbaren Tragen der Kompressionsstrumpfhosen auffordern. Bei Venenleiden hat sich bisher leider noch nicht allzuviel getan, sei es, daß diese von vielen Menschen verharmlost werden, sei es, daß hier auch eine ganze Anzahl Männer derartige Probleme haben. Und Männer und Kompression ist bekanntlich ein schwieriges Kapitel.
Deshalb richtet sich meine Aufforderung auch an meine Geschlechtsgenossen: Liebe Männer, versteckt Eure Kompressionsstrümpfe und -strumpfhosen bei Hitze nicht! Tragt sie mit Selbstbewußtsein zu Shorts! In bestimmten Berufen, bei denen kurze Hosen nicht möglich sind, habt Ihr oft klimatisierte Büros oder Geschäftsräume. Dann zieht Euch aber gleich nach der Arbeit daheim um und genießt den Abend, indem Ihr Luft an die Strümpfe kommen laßt.
Meine Bitte an die Ehefrauen und Freundinnen von Männern, die Kompressionsstrümpfe tragen: Ermutigt Eure Männer, zu ihren Kompressionsartikeln zu stehen. Versteckt die Strümpfe nicht! Es ist für Euch angenehmer und außerdem macht ihr auch anderen Männern Mut, es Euch nachzutun.