Donnerstag, 16. April 2009

Wie entsteht eine Venenthrombose?

Thrombosen entwickeln sich nicht aus heiterem Himmel, auch wenn es manchmal den Anschein dazu haben mag. Die Erklärung des deutschen Pathologen Rudolf Virchow (1821-1902) aus dem Jahr 1856 ist heute noch gültig. Er führte drei Gründe zur Thromboseentstehung an, weshalb seine Theorie auch als "Virchowsche Trias" bekannt ist. Eine Thrombose entsteht danach aus einer Stauung des Blutes (Stase), einer erhöhten Gerinnungsneigung des Blutes (Hyperkoagulabilität) und einer Schädigung der inneren Venenwand (Endothelschädigung). Es müssen nicht alle drei Faktoren zusammenkommen, um eine Thrombose auszulösen.
Die erhöhte Gerinnungsneigung ihres Blutes ist vielen Menschen nicht bekannt, denn oft merken sie von dieser angeborenen Blutgerinnungsstörung nichts, bis zum ersten Mal eine Thrombose - und, wenn sie großes Pech haben, eine tödliche Lungenembolie - auftritt. Vielleicht erinnern sich einige Leser noch an die junge Engländerin Emma Christoffersen, die im Jahr 2000 im Alter von 28 Jahren nach einem 20-stündigen Flug von Australien nach England auf dem Flughafen London Heathrow tot zusammenbrach. Das bewegungslose Sitzen mit angewinkelten Beinen in der schmalen Sitzreihe der "Economy Class" führte zur Stauung des Blutes in ihren Beinvenen und zur Entstehung einer Thrombose. Als sie dann nach der Ankunft auf dem Flughafengelände lief, löste sich ein Blutpfropf ab und führte zur tödlichen Lungenembolie. Das passiert gar nicht so selten, aber es tritt oft Stunden später auf und wird deshalb von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen. Ein Beispiel dafür ist ein Bekannter meiner Frau. Er war mit Freunden von Deutschland auf die Philippinen geflogen und nach der Ankunft dort unternahmen sie noch einen kleinen Spaziergang vor ihrem Hotel. Der junge Mann verstauchte sich den Fuß ein wenig, weshalb ihn die Freunde auf dem Weg zum Hotel zurück etwas stützten. Aber es schien nichts Größeres zu sein und er legte sich am Abend schlafen. Als er am nächsten Morgen nicht zum Frühstück erschien, wurde sein Zimmer geöffnet und er lag tot im Bett. Es ist ziemlich sicher, daß sich während des langen Fluges eine Venenthrombose gebildet hatte, die in der Nacht zu einer tödlichen Embolie führte. Das Verstauchen des Fußes verschlimmerte das Ganze noch zusätzlich.

Eine weitere Gefahr, deren sich die meisten Menschen nicht bewußt sind, besteht in angeborenen Blutgerinnungsstörungen. Bedeutsam für das Entstehen von Blutgerinnseln (Thrombosen) sind hier diejenigen Störungen, die dafür sorgen, daß das Blut leichter gerinnt. Man spricht auch von einer "Thrombophilie", einer Neigung zu Thrombosen. Davon gibt es eine ganze Anzahl, aber die häufigste ist die APC-Resistenz, auch als "Faktor-V-Leiden-Mutation" bezeichnet, weil sie erstmalig in der niederländischen Stadt Leiden beschrieben wurde. Etwa 5 bis 7 Prozent der Bevölkerung sind Träger dieser Genmutation, allerdings meist in der heterozygoten Form, das heißt, sie haben nur von einem Elternteil eine mutiertes Gen bekommen, das andere ist unverändert. Aber bereits solche Menschen haben ein fünf- bis zehnfach erhöhtes Thromboserisiko gegenüber Personen, die das Gen nicht besitzen. Personen mit zwei mutierten Genen, der homozygoten Form, besitzen sogar ein hundertfach (!) erhöhtes Thromboserisiko.
Auch ich gehöre zu dem Personenkreis mit der APC-Resistenz, zum Glück nur in der heterozygoten Form.